zurück zu: „Brauchtum“
Das Brauchtum „Berigln“ kann von zwei Seiten betrachtet werden.
1) Emotional und rein subjektiv.
War dein Geburtsort das Ausseerland, wurdest du in dieses Brauchtum hineingeboren. Dieser Brauch gibt jeden Teilnehmer das unbeschreibliche Gefühl, dazuzugehören, zur Gemeinschaft zu gehören.
Es sind diese Nächte, welche Dir dein Lebenlang in Erinnerung bleiben. So etwas kannst Du niemals kaufen, mit keinem Geld der Welt.
Hattest du das Glück, von Freunden eingeladen zu werden, welche Dir den Ablauf erklärten, egal ob Du zugewandert bist oder nur zu Besuch bei Freuden warst.
Ja dann warst Du dabei, ganz ohne Ticket.
Du hattest einen traumhaften Abend, ja Du warst ein Teil davon.
Ich schöpfe heute noch Kraft daraus, obwohl ich bereits weit über 40 Jahre nicht mehr im Ausseerland wohne.
Ja ich gebe es zu. Trotz der erhaltenen Kraft dieser Gedanken schwingt dabei immer noch Wehmut und Sehnsucht mit.
2. Der Hintergrund des Brauches und das Prozedere.
Die Durchführung, das Gewußtwie.
Im Ausseerland ist das „Berigln“ (gesprochen – Bärigln) ein Schutz- und Heischebrauch zugleich.
In der letzten Rauhnacht am 5. Jänner schließt sich das Tor und Frau Percht sowie die restliche „Wilde Jagd“, müssen die irdische Welt wieder verlassen.
Im Ausseerland schützt in dieser Nacht der Berigl (Fr. Percht) das Haus und seine Bewohner, in welchem sie Einkehr halten. Dazu haben Sie eine Kreide bei sich und sobald ein Türstock ohne Aufschrift gefunden wird, schreibten Sie die Buchstaben
20-C-M-B-xx auf die obere Leiste des Stockes.
(In früheren Zeiten wurde dies nicht überall praktiziert).
Im Volksmund wird C-M-B mit Caspar – Melchior – Balthasar übersetzt.
Da es sich um einen Schutzbrauch handelt, kann und sollte es jedoch mit
„C-hristus M-ansionem B-enedicat“, übersetzt werden.
Christus segne dieses Haus.
Hier vermischt sich heidnisches und christliches Brauchtum.
Hauptgruppen der Berigln.
1) Fruahberigln,
2) Berigln,
3) Altausseer Pözberigln,
4) Hinterberiger Perchtln.
Voraussetzung bei allen Gruppen.
Das Jugendschutzgesetz muß eingehalten werden.
Ein Glöckelsack und eine Glocke sind obligat. (Aber auch hier gibt es Ausnahmen).
Es darf, von geringen Verschmutzungen abgesehen, nichts beschädigt und niemand verletzt werden.
Obligatorisch bei den Gruppen 2 – 4.
Eine Tafelkreide. Diese wird, falls erforderlich, zur Anbringung der Zeichen
(20-C-M-B-xx) benötigt.
Eine weisse „Aufreibhudl “ und „Bochtwisch“ braucht der Berigl zur Sauberkeitskontrolle im jeweiligen Haus.
Des weiteren eine Glocke zum „Aussalaitn“ und in manchen Gegenden zum „Zommlaitn“. In Altaussee haben die Pözberigl keine Glocke, dafür gehen mit ihnen ausgewählte „Glöckübuama“ mit.
Zwecks Aufnahme flüssiger Nahrungsmitteln (Schnaps, Wein etc.) ist ein Strohalm von Vorteil (jedoch bei Bier eher nicht zu empfehlen!!)
Eine sehr weite Gsichtshudl (Stofftuch vor dem Gesicht) erfüllt ebenfalls den Zweck um beim Essen oder Trinken nicht erkannt zu werden. Das *“zwischnduri Blessen“ wird in vielen Teilen des Ausseerlandes praktiziert. Speziell wenn in einem Haus musiziert- oder eine deftige Jause angeboten wird. (In Gössl wird nicht vorzeigig geblesst.)
*zwischnduri blessn = vorübergehende Demaskierung, das Gesicht entblößen.
Pözberigln maskieren sich mit einer Fellhaube. Die Perchtln in Hinterberg maskieren sich mit Werch.
Gruppe 1) Fruahberigln.
Dabei handelt es sich um Jugendliche, welche zum „Glöckün“ bereits zu alt aber um in der Nacht als Berigl zu gehen, noch zu jung sind.
Der Name Fruahberigl leitet sich von „in der Früh“ ab. Das gilt aber nur für Gössl-Wienern, da sich die Protagnisten bereits in aller Frühe bei Dunkelheit treffen. In Obertressen findet die Zusammenkunft erst gegen Mittag statt.
Die Aufgabe dieser Berigln besteht darin, die teils noch sehr jungen Glöckükina (Glöckelkinder) zu leiten und vor allem dafür zu sorgen, dass alle wieder gesund nach Hause kommen. Bei der Schneelage in manchen Jahren eine durchaus wichtige und sinnvolle Aufgabe. Der Oberberigl, meist der Älteste hat zusätzlich die Aufgaben nur ja kein relevantes Haus auszulassen. Das wäre eine Schande und hätte Spott und Hohn zur Folge. Nach Beendigung des „Glöckütogs“ wird „zommglait“ also zusammengeläutet. Dabei treffen sich alle an einem vorher vereinbarten Platz.
Näheres beim Artikel „Glöckün“.
Gruppe 2) Berigln allgemein.
Stellvertretend Gößl und Strassen.
Berigln sind normalerweise uredad, d.h. sie sprechen nicht. Aber es wäre nicht das Ausseerland, wenn es keine Ausnahmen gäbe. Näheres dazu später.
Ansonst gibt es keine weiteren Beschränkungen. Jede/r, egal ob weiblich oder männlich darf als Berigl gehen. Einzeln, paarweise, drei oder in der Pass, spielt keine Rolle.
Die Verkleidung:
Ein Dirndl oder dirndlähnlicher Kittel mit *Vichta (Vischta – Vortuch). Handschuhe und ggf. Hospassa (Filzschuhe) zwecks Verhinderung der Identifikation männlich oder weiblich. Eine Hudel (Stoffstück) mit Sehschlitze vor dem Gesicht. Manche haben auch eine Mundöffnung für den Strohhalm. Eine lustige Kopfbedeckung, entweder ein Hut mit Federn oder allerlei Zierat. Manche verwenden sogar Lampenschirmähnliche Utensilien.
Was macht ein Berigl? Das gilt im Groben mit ein paar Ausnahmen auch für Pözberigln und Perchtln.
Primär schreibt er die Schutzzeichen CMB und das Jahr 20-CBM-23 an den Türstock, sofern diese noch nicht vorhanden sind.
Weiters hält der Berigl auch Nachschau, ob im Haus alles sauber ist. Dafür hat er eine „Hudl“ ein (weißes) Tuch und einen „Bochtwisch“ also einen Bartwisch mit. Damit kontrolliert er die Reinheit der Räumlichkeiten und kann mitunter sehr ungemütlich werden, sobald er eine Verschmutzung vorfindet. Das reicht vom Abwischen des schmutzigen Tuches im Gesicht des Gastgebers bis hin zum Kehren der Aschenlade, wobei nur eine sehr geringe Menge an „kalter Asche“ am Boden vor dem Ofen landet. Da ein Berigl jedoch nur einen Bochtwisch hat, verwendet er diesen anschließend um auch den Tisch zu „kontrollieren“.
Hierzu ist allerdings anzumerken, dass diese Berigltätigkeit eher symbolisch sein soll.
So manche Hausleute lassen die Berigl nicht mehr in die Stube. Dieser Umstand beruht darauf, weil es immer wieder Teilnehmer gibt, welche die Grenzen überschreiten.
„De hom ma fäschtn so san Sauschtoü g´mocht, da is neama ahaloss“.
*fäscht, fäschtn = voriges Jahr.
Nachdem die Berigln mit ihrer Nachschau fertig sind, haben die Hausleute ggf. dennoch Putzbedarf.
Da die Gastgeber dieses Ritual aber kennen, putzen sie vorher ihre Stube, was das Zeug hält.
Nicht einmal an der Oberkannte der Türstöcke ist ein Stäubchen zu finden.
Ich selber hatte aber immer ein von mir vorher verschmutztes Tuch dabei und wischte es rein symbolisch über das Gesicht der Hausfrau. Allerdings ohne Berührung, es sollte lediglich eine Geste sein. Dennoch wurden manche Hausfrauen handgreiflich aber ebenfalls nur symbolisch und das Schauspiel nahm seinen Lauf. Die von der Hausfrau verwendeten Schimpfwörter möchte ich hier nicht anführen. Einmal wurde ich mit einem Besen durch die Stube gejagt, was bei den übrigen Anwesenden Berigl zu Gelächter führte und so einigen ihre Anonymität nahm.
Eine Anmerkung meinerseits: Es ist ein schöner und mitunter lustiger Brauch.
Stellvertretend für andere Gegenden des Ausseerlandes erwähne ich die Katastralgemeinde Strassen und die Ortschaft Gössl. Da wie dort haben die Berigln das gleiche Aussehen. Es gibt jedoch grundlegende Unterschiede.
*Vichta, Vischta = Vortuch, also eine Schürze.
Gruppe 2) Strassen.
In Strassen gehen „uredadi“ Berigl . Es wird nicht gesprochen sondern nur gedeutet.
Sollte in einem Haus musiziert werden, oder Essen angeboten werden, kann – muß aber nicht geblesst werden. D.h. die Hudl (der Fetzen) vom Gesicht genommen werden.
Allerdings wird das vorher mit Zeichen vereinbart. Manche wollen nicht blessen und versuchen umständlich den Speck etc. zu verzehren. Sobald neue Berigln anläuten, wird auf alle Fälle wieder maskiert. Da sich um Mitternacht das Tor zum Jenseits schließt und Frau Percht die irdische Welt verlässt, müssen sich alle Berigln blessen.
Wird jedoch ein maskierter Berigl vorher erkannt und sein Name genannt, besteht die Pflicht, sich sofort zu blessen. Dieser darf sein Gesicht nicht mehr verdecken. Es ist eine Schande, wenn weitere Berigln hinzukommen und man sitzt geblesst in der Runde.
Handschuhe, Filzpatschen und sonstiges Equipment zur Verhinderung des Erkennens werden angewandt. Allerdings gab es früher zur groben Unterscheidung von
weiblich oder männlich eine Möglichkeit.
Dazu schupfte man dem Berigl einen kleinen Gegenstand in Richtung Oberschenkel. Öffneten sich diese, war es vermutlich ein weiblicher Berigl. Frauen trugen früher meist Kittel. Zum Auffangen öffneten sie die Schenkel, da sich dadurch der Kittel spannte und die Auffangfläche größer wurde.
Bei Männern war es umgekehrt. Diese schlossen die Beine, damit nichts dazwischen durchfallen konnte. Heutzutage tragen bereits Mädchen im jungen Alter Hosen und somit kommt man mit dieser Methode nicht sehr weit.
Allerdings helfen auch manche Berigln, wie ein sehr naher Verwandter von mir, der Annerl Sepp, den Leuten beim Erkennen.
Wenn man nämlich vergißt, den wichtigsten Teil (den Kopf) zu verhüllen und in diesem Zustand eine Stube betritt, gibt es lautes Gelächter, noch dazu wenn man mit verstellter Stimme spricht. Im Gegenteil, es macht die Sache noch lustiger. Womit wir bei Gössl angelangt wären.
Sepp sei ma nit bes, owa du host as jo söüwa vazöht.
Gruppe 2) Gössl.
In Gössl sprechen Berigln mit verstellter Stimme. Es ist mehr ein Fipsen als ein Sprechen um nur ja nicht erkannt zu werden. Angeblich gab es in früheren Zeiten in Grundlsee (ban See) nur uredadi Berigln. Dies änderte sich jedoch mittlerweile und nun sind auch dort teils redadi Berigln unterwegs.
Manche Quellen berichten davon, dass die Berigln in Gössl sogar beim Essen und Musizieren NICHT blessen.
Dem wird aber, von mir persönlich bekannten Gössler Berigln, entschieden widersprochen. Nur in Ausnahmefällen (i mog mi nit z´dakenna geb´m) bleibt die Hudl auch beim Essen und /oder Musizieren vor dem Gesicht.
Aber lustig ist es allemal, wenn mit verstellter Stimme gesungen bzw. zu singen versucht wird.
Die folgende Videosequenz ermöglicht einen kleinen Blick durch´s Schlüsselloch einer Gössler Stube.
Viel Vergnügen und ein herzliches Dankeschön an Manfred Fuchs.
„Fuchs Video & Photography„, für die Erlaubnis diesen Clip h.o. zu veröffentlichen.
Gruppe 3: Altaussee Föüberigln.
Zur Zeit fehlen mir leider sämtliche Infos, bezüglich dieses Brauchtums.
Gruppe 4: Hinterberiger Perchtln.
Auch hier sind die Informationen sehr dürftig.
Bereits vorhandene Daten können meinerseits zur Zeit leider nicht überprüft werden.
Die Distanz zum Ausseerland ist für mich einfach zu groß, dadurch bin ich momentan nicht in der Lage über
„Altausseer Föüberigln“ oder „Hinterberiger Perchtln“
zu berichten.
Meine Bitte an Sie.
Es ist ein wichtiger Bestandteil des Brauchtums im Ausseerland.
Für Fotos und Infos wäre ich daher sehr dankbar.
Facebook: Presl Sepp – per PN (Messenger) oder
E-Mail: radling@chello.at.
Vagöüt´senkgott, Sepp.
zurück zu: „Brauchtum“